News Dr. Malte Mienert
Literaturtipp
Der Band „Das haben wir doch schon immer schon so gemacht“ – Die „Ja, abers“ in Kita und Hort aus dem Verlag Vandenhoeck & Ruprecht umfasst 207 Seiten und ist für 15,00 € zu einem erschwinglichen Preis zu erwerben. Der Autor, Malte Mienert, ist Entwicklungs- und Pädagogischer Psychologe und seit vielen Jahren neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit als Autor sowie Fortbildner und Berater für pädagogische Fachkräfte tätig. Soviel vorweg: Es ist ein tolles, leicht zu lesendes Buch für alle, die für Erziehung, Bildung und Betreuung in pädagogischen Gemeinschaftseinrichtungen stehen, aber auch für alle Personen, die unmittelbar mit Kindern arbeiten. Als Entwicklungspsychologe blickt Malte Mienert aus der Position des Außenstehenden auf den Kita- und Hortbetrieb. Ausgangspunkt für seine Ausführungen ist zunächst die Neuausrichtung der Kindheitspädagogik und der pädagogischen Ziele im Elementarbereich, die sich nach dem PISA-Schock in der Ausarbeitung der sogenannten Bildungspläne in allen Bundesländern manifestierte. Dabei ist es Mienerts erklärtes Ziel, den pädagogischen Fachkräften „etwas Abstand zu den alltäglichen kleinen Kämpfen und Auseinandersetzungen auf dem Weg zu einer kindgerechten und zukunftsorientierten Bildung für unseren Nachwuchs zu ermöglichen.“
In seinem Buch geht der Autor auf die geänderten pädagogischen Erwartungen – beispielsweise im Bereich der Selbstbildungsprozesse – ein, die anhand kleiner Episoden aus dem pädagogischen Alltag verdeutlicht werden. Sein Buch soll zum Nachdenken über festgefahrene Denkmuster anregen, die sich in Sätzen wie „Das haben wir doch schon immer so gemacht“ oder „Ja, und was ist mit der Schule später?“ widerspiegeln. Das gelingt ihm, indem er die Entwicklung und Veränderung pädagogischer Mainstream-Haltungen bewusst macht. Die Industriegesellschaft hatte z.B. zunächst das mittlere Kind zum pädagogischen Ziel: „Jedes Kind muss Stifthaltung und Schere schneiden beherrschen“. Ende der 90er Jahre ereignet sich jedoch mit dem Übergang zur Wissensgesellschaft, die kaum noch Produkte und Güter produziert, sondern vielmehr auf das Produktionsgut Wissen hinarbeitet, ein grundsätzlicher Wandel in der Pädagogik: die Transition von der traditionsorientierten zur beziehungsorientierten Pädagogik. Mienert bringt diesen Wandel auf den Punkt, indem er resümiert, dass Kinder das Gefühl von Sicherheit und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten brauchen. In 10 oder 20 Jahren werden sich die Kinder kaum daran erinnern, was sie in der Kindertageeinrichtung gemalt oder gebastelt haben. Sie werden sich aber stattdessen daran erinnern, dass sie ein Gefühl von Sicherheit und Zuversicht erlebt haben. Standardsätze und ritualisierte Aussagen aus dem Alltag von Kindertageseinrichtungen finden sich hier in Anekdoten und praktischen Beispielen wieder. Schon nach den ersten Seiten macht das Buch Lust auf mehr – auf mehr Lesen und auf Veränderungen in der eigenen pädagogischen Arbeit, die – bewusst oder unbewusst – oftmals immer noch im Stil der traditionellen Pädagogik des Industriezeitalters ausgeübt wird. Dem Leser wird bewusst: Unsere Gesellschaft braucht neugierige, kreative, selbstbewusste, selbständige und problemlösungsorientierte Menschen. Diese Begriffe sind bereits in einigen Konzeptionen der Kindertageseinrichtungen benannt, aber sind sie auch in den Köpfen unserer pädagogischen Fachkräfte in den Einrichtungen der Elementarbildung angekommen?
„Das haben wir doch schon immer schon so gemacht“ - Die „Ja, abers“ in Kita und Hort lässt dies nicht vermuten. Mienert spiegelt, ertappt, zeigt auf, gibt Tipps, analysiert und hinterfragt. Mit Hilfe der bereits erwähnten Beispiele aus der alltäglichen Praxis, die im Fokus dieser Publikation stehen, liefert Mienert Denkanstöße zur Selbst- und Teamreflexion. Insgesamt handelt es sich um ein empfehlenswertes Buch, das den Blick vom defizit- zum ressourcenorientierten Denken und Handeln hin ermöglicht. In unserer Bildungslandschaft ist es wichtig, dass pädagogische Fachkräfte sich trotz aller berechtigter Klagen über die Rahmenbedingungen, die immer schwieriger werdenden Kinder und die überaus erschwerte Zusammenarbeit mit den Eltern, trotzdem motivieren, nach neuen Ansätzen zu suchen, die ein gesundes Aufwachsen der Kinder ermöglichen und die soziale Teilhabe und Verantwortungsübernahme fördern. „Ja, aber“ war gestern. Nun heißt es „Auf geht’s“! Dieses Buch fasziniert, wirft aber auch Fragen auf und macht vor allem Hoffnung. (Anke Jendahl)
Kita aktuell spezial (03.2017). Weitere Informationen und Bestellmöglichkeiten zum Buch "Das haben wir doch schon immer so gemacht" finden Sie hier.
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